Gemeinsam Bayerns Natur schützen

Eine Wiese mit Urzeitkrebsen

Die ursprünglich in Bayern beheimateten Vorkommen der sogenannten „Urzeitkrebse“ sind bis auf wenige Restbestände fast ausgestorben. Unser Projekt soll dazu beitragen, mindestens fünf von ursprünglich acht heimischen Arten in ihrem Bestand für die Zukunft zu sichern: Erhaltungskulturen in Aquarien und Ausbringung an geeigneten Lebensräumen sind hierzu wichtige Bausteine.

Als Anregung zum Nachmachen für daheim dienen unsere nur kurzzeitig Wasser führenden Mikrohabitate – nennen wir sie Pfützen! Die Urzeitkrebse haben sich an sogenannte „Temporärgewässer“ angepasst, die nur unregelmäßig und manchmal nur für wenige Wochen Wasser führen. Für Fressfeinde wie Libellenlarven und Gelbrandkäfer sind diese Habitate uninteressant, elegante Feenkrebse und kleine Muschelschaler hingegen kommen mit diesen Bedingungen gut zurecht. 

Auf unserer „Urzeitwiese“ werden einige dieser hochbedrohten und ebenso unscheinbaren wie auch spektakulären Arten vorgestellt. Einblicke in die Welt dieser fast vergessenen und seit Jahrmillionen existierenden Lebewesen regen zum Staunen und Nachdenken an.

Frühjahrs-Schildkrebs Lepidurus apus

Foto: Frühjahrs-Schildkrebs Lepidurus apus - Andreas Hartl

Der Frühjahrs-Schildkrebs ist ein urzeitlich anmutendes Krebstier, dessen Vorfahren schon vor den Dinosauriern lebten. Er ist kälteangepasst und bereits im Winter aktiv, teils sogar unter Eis, und lebt bevorzugt in flachen Tümpeln von Auwäldern oder auf Wiesen, wo sich die Weibchen ohne Männchen fortpflanzen können. Diese Lebensräume werden immer seltener, weshalb die Art in Bayern nur noch an wenigen Orten vorkommt. In Deutschland steht der Frühjahrs-Schildkrebs daher auf der Roten Liste.

Sommer-Schildkrebs Triops cancriformis

Foto: Sommer-Schildkrebs Trops cancriformes - Wolfgang Nerb

Der Sommer-Schildkrebs, bekannt als Triops, ist ein echter Urzeitbewohner mit drei Augen, darunter ein zusätzliches Sinnesauge zur besseren Orientierung. Auffällig ist, dass es fast nur Weibchen gibt, die sich durch Jungfernzeugung ohne Männchen fortpflanzen können. Die Art ist nicht bedroht, da sie sowohl natürliche Pfützen als auch vom Menschen geschaffene Gewässer besiedelt. Sommer-Schildkrebse existieren bereits seit über 200 Millionen Jahren und gelten als wahre Überlebenskünstler aus der Dinosaurierzeit.


Flossenfloh Limnadia lenticularis

Foto: Flossenfloh Limnadia_lenticularis - Christian Eichinger

Der Flossenfloh Limnadia lenticularis ist der größte mitteleuropäische Muschelschaler und erreicht eine Schalenlänge von bis zu 17 Millimetern. Er ist holarktisch verbreitet und tritt als Sommerform von April bis Oktober auf. Die Art besiedelt vor allem offene Temporärgewässer wie Auetümpel, Flutrinnen, Wiesensenken, Acker-Lachen und zeitweise überflutete Uferbereiche. Früher wurde sie auch in Fischzuchten nachgewiesen, gilt dort jedoch inzwischen als verschwunden.

Sommer-Feenkrebs Branchipus schaefferi

Foto: Steppen-Muschelschaler Leptestheria_dahalacensis - Christian Eichinger

Der Steppenmuschelschaler stammt ursprünglich aus Osteuropa und Asien und lebt dort in warmen Monaten in temporären Regenpfützen auf Wegen, Feldern und Wiesen. Durch das Aufwühlen des Bodens bei der Nahrungssuche wirken diese Gewässer oft trüb. Über die Fischzucht gelangte die Art auch nach Bayern, vermutlich zusammen mit Jungfischen. In bewirtschafteten Fischteichen mit regelmäßigem Trockenfallen findet der Steppenmuschelschaler heute ideale Bedingungen und tritt dort teils massenhaft auf.


Frühjahrs-Feenkrebs Eubranchipus grubii

Foto: Frühjahrs-Feenkrebs Eubranchipus grubii - Christian Eichinger

Der Frühjahrs-Feenkrebs lebt im Frühjahr in temporären Pfützen von Flussauen, die auch schattig sein und modriges Laub als Bodengrund aufweisen können. Häufig kommt er gemeinsam mit dem Frühjahrs-Schildkrebs vor und bewegt sich elegant durch das Wasser, auch wenn er keine Flügel besitzt. Die Weibchen sind im Vergleich zu anderen Feenkrebsarten eher unauffällig gefärbt. Heute ist der Frühjahrs-Feenkrebs selten, da sein Lebensraum zunehmend bedroht ist, weshalb das frühere Sammeln als Lebendfutter nicht mehr erlaubt ist.

Dickbauchkrebs Lynceus brachyurus

Foto: Dickbauchkrebs  Lynceus brachyurus - Christian Eichinger

Der Dickbauchkrebs ist mit etwa 5 mm winzig klein und lebt in Frühjahrspfützen auf Wiesen und in Auwäldern, wo er leicht übersehen oder mit Wasserflöhen verwechselt werden kann. Im Gegensatz zu Feenkrebsen entwickelt er sich sehr langsam und wächst über einen längeren Zeitraum. Männchen und Weibchen lassen sich an unterschiedlichen, schnabelartigen Fortsätzen am Kopf erkennen. Trotz seiner urzeitlichen Abstammung aus der Dinosaurierzeit ist der Dickbauchkrebs heute extrem selten und wurde in Bayern zuletzt nur noch an drei Fundorten nachgewiesen.


Sumpf-Feenkrebs Tanymastix stagnalis

Foto: Sumpf-Feenkrebs Tanymastix stagnalis - Christian Eichinger

Der Sumpf-Feenkrebs ist in Europa weit verbreitet und kommt sogar bis nach Skandinavien vor. Er bevorzugt kalte Gewässer unter 17 °C und tritt vor allem im zeitigen Frühjahr, insbesondere im April, auf. In Bayern lebt er hauptsächlich in überschwemmten Wiesensenken und Äckern. Von ehemals sieben bekannten Vorkommen sind derzeit nur noch zwei bestätigt, was auf einen starken Bestandsrückgang hinweist.

Steppen-Muschelschaler Leptestheria dahalacensis

Foto: Sommer-Feenkrebs Branchipus schaefferi - Christian Eichinger

Der Sommer-Feenkrebs lebt in temporären Pioniergewässern mit schlammigem, regelmäßig freigelegtem Boden. Solche pflanzenarmen Pfützen entstehen unter anderem auf Truppenübungsplätzen, wo schwere Fahrzeuge den Boden aufwühlen und geeignete Lebensräume schaffen. Die Panzer dienen den widerstandsfähigen Eiern sogar als „Taxi“, indem sie in Kettengliedern von Pfütze zu Pfütze transportiert werden. Entdeckt wurde der Sommer-Feenkrebs vor etwa 250 Jahren bei Regensburg, während seine Verwandtschaft bereits seit sehr viel längerer Zeit existiert.