Die Aktuelle Lage
Der Steinkauz ist eine unserer kleinsten Eulenarten. Mit ca. 24cm Körpergröße und ca. 180g Körpergewicht ist er vergleichbar groß wie eine Amsel. Früher war er vor allem in Nordafrika und
Südeuropa zu finden, da er dort ideale Lebensräume mit Offenlandschaften und niedrigem Bewuchs vorfand. Mit der Entwicklung der Landwirtschaft des Menschen gab es diese Strukturen bald auch
weiter nördlich und er breitete sich daher nach Norden aus. Er ist also ein Kulturfolger. Bei uns brütete er vor allem in Gebäudenischen, Scheunen oder Baumhöhlen und nutzte extensiv genutzte
oder beweidete Flächen und Streuobstwiesen als Jagdgrund. Mit der Modernisierung der Landwirtschaft fehlten diese Strukturen jedoch zusehends. Scheunen und Gebäude waren nicht mehr zugänglich,
die Wiesen wurden nun intensiv genutzt und Beweidung wich der Massentierhaltung. Alte Höhlenbäume gab es immer seltener. Gefährdet wird der kleine Kauz außerdem noch durch eine Vielzahl an
Feinden, wie den Marder, Greifvögel und Hauskatzen, sowie durch Verkehr oder Kamine, die er mit Höhlen verwechselt und Güllegruben, in denen er auf der Jagd nach Insekten landet, weil er sie mit
festem Boden verwechselt. Wegen all diesen Faktoren kommt der Steinkauz inzwischen nur noch in wenigen Gebieten vor. Der Hauptbestand hierzulande liegt heute in Westdeutschland (NRW, Hessen und
BW). In Bayern gibt es jedoch nur noch ca. 250 Brutpaare und im Landkreis Cham gab es seit den 70er-Jahren keine Nachweise mehr. Im Bezirk Pilsen in der Tschechischen Republik existiert aber eine
kleine isolierte Population. Um diese zu unterstützen, startete der Bezirk Pilsen 2017 ein Projekt, in dem Individuen aus der Zucht in der Umgebung der Population freigelassen werden. So soll die
Population anwachsen und die genetische Variabilität erhöht werden. Um auch die Isoliertheit anzugehen, wurde schließlich der LBV Cham mit in das Projekt einbezogen und seit 2024 wird das Projekt
unter Förderung der EU als INTERREG Projekt unter der Leitung der Tschechischen Landwirtschaftlichen Universität Prag (CZU) durchgeführt.
Lebensweise
Der Steinkauz ist dämmerungs- und nachtaktiv. Man kann ihn aber manchmal auch tagsüber beobachten. Er frisst Kleinsäuger, wie Mäuse, außerdem Insekten, Regenwürmer und seltener auch Amphibien,
Reptilien und Vögel. Er jagt einerseits von erhöhten Warten aus, wie z.B Zäune oder Bäume, andererseits ist er aber auch Bodenjäger und jagt laufend. Daher sollte die Vegetation niedrig genug
sein, damit er sich orientieren kann. Größere Beute wird manchmal gehortet. Die Balz startet im Februar. Der Partner bleibt oft derselbe wie im Vorjahr. Im April bis Mai werden durchschnittlich 4
bis 5 Eier gelegt, diese werden dann vom Weibchen bebrütet. Die Küken schlüpfen ca. 1 Monat später und werden vom Weibchen gefüttert. Sie wird in der Zeit vom Männchen versorgt, jagt aber auch
hin und wieder selbst. Es gibt keine Nestreinigung, daher kann schon mal ein übler Geruch rund um das Nest entstehen. Nach weiteren 5 Wochen werden die Jungen flügge, können aber bis zu 3 Monate
nach der Geburt in der Nähe des Nests bleiben. In dieser Zeit werden sie noch ab und an von den Eltern gefüttert. Ab Oktober beginnt dann die Territorialbalz. Die Reviergröße variiert je nach
Nahrungsangebot und -bedarf, sie umfasst in der Regel aber nur wenige Hektar. Die Käuze kennen ihr Revier sehr gut und wissen in ihm viele Versteckmöglichkeiten. Bei Gefahr reagieren sie meistens
mit Flucht und warnen ihre Artgenossen.
Einblicke in die Durchführung des Projekts
Da Tiere aus Gefangenschaften im Bezug auf Gefahren oft naiv sind, werden die Tiere nicht einfach freigelassen. Um ihre Überlebenschancen zu erhöhen bleiben, sie für einige Monate als Pärchen in
7 eigens dafür errichteten Volieren. In diesen wird, ohne Gefahren von außerhalb, gebrütet. Teilweise werden die Tiere auch mit Attrappen von Feinden wie dem Marder oder der Katze trainiert.
Sobald die Jungtiere flügge sind, werden alle besendert und die Familie freigelassen. Mittels Radiotelemetrie kann danach ermittelt werden, wo sich die Steinkäuze aufhalten. Jeder Steinkauz
sendet mit einer bestimmten Frequenz, die mit einer Antenne empfangen werden kann. Da der Steinkauz standorttreu ist, bleiben die Eltern in der Regel bei der Voliere. Dort werden sie auch eine
Zeitlang von uns mit Futter versorgt, das nennt sich sanfte Auswilderung. Nach wenigen Monaten wandern die Jungtiere in der Regel ab. Durch die Vielzahl an Gefahren in der freien Wildbahn, gibt
es leider auch Ausfälle. Befindet sich zur nächsten Brutzeit kein Steinkauz mehr in der im Revier der Voliere, wird ein neues Pärchen eingesetzt. Sollte es noch Einzeltiere ohne Partner geben,
wird ein Partner bereitgestellt. Die Steinkäuze werden in Tschechien für das Projekt gezüchtet. Um festzustellen, wie gut geeignet die Lebensräume sind, führt die CZU außerdem
Nahrungsverfügbarkeitsanalysen durch. Durch geeignete Maßnahmen, wie Ansitzmöglichkeiten oder Sicherung von Gefahrenquellen, soll das Überleben der Steinkäuze außerdem besser gesichert
werden.
Fotos: Michael Wagner, Maria Engl, Angelika Nelson, Bianca Reichlmeier